Hubert Hopfgartner – Streiflichter eines Weggefährten
Der Mensch und der Musiker
Es ist ein Privileg, mit Tochter Irene in den Keller der elterlichen Wohnung hinabzusteigen, zwischen Büchern, Noten und Tonträgern nach Spuren des Lebens von Hubert Hopfgartner zu suchen. Nur ein maschinengeschriebenes Blatt finden wir – aber es genügt. Das Wesentliche seines Lebens steht nicht auf Papier, sondern klingt in seiner Musik. Wer ihn verstehen will, muss seine Werke hören.

Hopfgartner wuchs als viertes von neun Kindern in Luttach auf. Sein Onkel, der Kirchenchorleiter Odum Waschtl, entfachte in ihm die Liebe zur geistlichen Musik. Im Vinzentinum in Brixen wurde er musikalisch von Josef Knapp gefördert, lernte Geige, Klavier und Chorgesang und durfte bereits den Knabenchor dirigieren. Nach der Matura zog er nach Wien, wo er ein Jahrzehnt lang lebte, studierte und sich bildete – in Philosophie, Kunst-, Musik- und Sprachwissenschaften, dazu Gesang und Dirigieren an der Musikakademie. Lehrer wie Hans Swarowsky, Hans Gillesberger und Augustin Kubizek prägten ihn entscheidend.

Seine Wissbegier war grenzenlos, sein Anspruch hoch: Er wollte die Welt verstehen – und sie in Musik verwandeln. Als Kapellmeister der Sängerknaben vom Wienerwald und Chorleiter in Mödling setzte er seine Studien in die Praxis um. Doch blieb die Verbindung zur Heimat stark: Er verbrachte Sommer im Ahrntal, erklomm Gipfel und lauschte stundenlang Opern im Radio, die er im Geiste dirigierte.
Zwischen der Enge des Tales und der Weite Wiens entstand ein Spannungsfeld, das ihn lebenslang begleitete. Wien bot ihm die geistige Heimat, die er suchte – ein Kosmos aus Kunst, Musik und Geschichte. Über der Musikhandlung Doblinger wohnend, sog er täglich den Geist der Stadt auf. Doch das Ahrntal rief zurück: In Bruneck erhielt er eine Stelle als Professor für Literatur, Latein und Kunstgeschichte. Der Unterricht sicherte den Lebensunterhalt, seine wahre Berufung aber blieb die Musik.

Nach einer schwierigen Anfangszeit als Chorleiter des Stadtpfarrchores Bruneck und einer tiefen Krise gründete er das Collegium Musicum Bruneck (CMB). Mit seiner Frau Gretl Niederbacher, Organistin und Seelenverwandte, fand er privates Glück und künstlerische Erfüllung. Gemeinsam schufen sie ein musikalisches Zentrum von außergewöhnlicher Qualität und Tiefe. Ihre Kinder Johannes und Irene nannten sie „eine perfekte Synergie“.
Hopfgartner war ein leidenschaftlicher Forscher in Sachen Kirchenmusik. Seine Aufführungen von Hochämtern in Bruneck verbanden liturgische Tiefe mit musikalischer Vollendung. Werke von Bach, Brahms, Haydn oder Mendelssohn interpretierte er mit Hingabe und wuchs mit seinen Chören über sich hinaus. Besonders prägend waren seine Begegnungen mit Helmuth Rilling und der Bachakademie Stuttgart, die ihn inspirierten, die großen oratorischen Werke der Musikgeschichte aufzuführen.

Mit erstaunlicher Energie und Fantasie erweiterte er das Repertoire des CMB, gründete kleinere Ensembles wie die Capella Seraphica und realisierte anspruchsvolle Projekte – von barocker Kirchenmusik bis zu humorvollen Faschingskonzerten. Seine Programmideen waren kühn, seine Begeisterung ansteckend.
Hopfgartner war ein Träumer, aber einer, der seine Träume lebte. In akribischen Notizen plante er künftige Konzertprogramme mit Werken von Bach, Händel, Mozart, Verdi oder Britten – vieles blieb unvollendet. Eine schwere Krankheit nahm ihm mit 67 Jahren das Leben und hinterließ eine große Leere. Acht Jahre später folgte ihm seine geliebte Gretl.

Hubert Hopfgartner war ein Suchender nach Sinn, nach Schönheit, nach Gott. Er verband Menschen durch Musik, suchte Verständigung über das Künstlerische hinaus. Seine Dirigierkunst, seine Konzentration, seine poetische Ausdruckskraft bleiben unvergessen – wie sein Glaube an die „perfekte Synergie“ von Musik und Leben.
„Mein Herz ist voll Glück und Dankbarkeit.
Die Aufführung des deutschen Requiems von Johannes Brahms ist der Traum jedes Dirigenten. Auf dessen Verwirklichung muss man, so meine ich, aber lange warten können, bis die Zeit dafür reif ist. Das war jetzt der Fall – mehr noch: aufgrund der Umstände war die Aufführung dieses Werkes geradezu eine Notwendigkeit. Bei aller sorgfältigen Planung blieb sie aber letztendlich ein Geschenk. Das Konzert in der Kathedrale von Zagreb verstand ich mehr und mehr als Berufung und Gnade.“
Hubert Hopfgartner
Das Collegium Musicum Bruneck hat zum 10. Todestag Hubert Hopfgartners eine Broschüre mit Erinnerungen an ihn herausgebracht.
Erschallet ihr Lieder
Erinnerungen an Hubert Hopfgartner 1942-2009
